Länge der Tunnelstrecken der Öffis je Einwohner wäre in Linz dann höher als in Wien!
Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass sich Stadt und Land vor kurzem über die Kostenaufteilung der 2. Straßenbahnachse in Linz geeinigt haben.
Dennoch ist es nach wie vor zu hinterfragen, ob nicht eine deutlich billigere, d.h. weitgehend oberirdische Projektslösung auch auf der Linzer Seite der bessere Weg wäre. In Zeiten von SWAP und radikaler Kürzung der Geldmittel in Linz auf allen Ebenen („rigides Kostenmanagement“, Kürzung oder Streichung der Unterstützung von Vereinen, Turnhallengebühr, …) ist es mehr als nahe liegend, das Sparen bei den größten Brocken anzufangen.
Wenn man eine weitgehend oberirdische Trasse umsetzt, spart man nicht nur Hunderte Millionen Euro in der Errichtung und im Betrieb (die in weitere wichtige ÖV-Projekte investiert werden sollten), sondern schafft auch eine attraktive Lösung für die Fahrgäste. Die deutlichen Mehrkosten der unterirdischen Straßenbahn bringen keinen Mehrwert, zumindest nicht für die ÖV-Fahrgäste.
Wollen die Fahrgäste das auch wirklich?
Bevor man ein derartiges Projekt angeht, müsste man zuerst die potenziellen Fahrgäste fragen, ob sie wirklich auf so großer Länge unterirdisch fahren wollen, ohne dort aber schneller zu sein! Ob sie beim Ein- und Aussteigen gerne 2-3 Stockwerke immer wieder hinunter und wieder hinauf wollen? In einer alternden Gesellschaft ist jede Erschwernis des Zugangs zum ÖV zu vermeiden, und dazu gehören nun mal tiefergelegte Haltestellen. Wenn schon abtauchen, dann punktuell mit dem Autoverkehr, der viel steilere und daher kürzere Rampen zulässt als die Straßenbahn. Zeitvorteil durch unterirdische Führung nicht gegeben! Wenn man die Straßenbahn an der Oberfläche (bei den Kreuzungen) auch überall bevorrangt, dann ist hier – vor allem auch aufgrund des geplanten geringen Haltestellenabstandes – auch kaum ein Zeitverlust gegenüber einer unterirdischen Lösung gegeben. Berücksichtigt man die Zeit, die die Fahrgäste von der Oberfläche bis zur Einsteigestelle in der Tiefe benötigen, dann ist jeder Zeitvorteil dahin.
Enger Haltestellenabstand verteuert das Projekt noch einmal!
Auf der geplanten Trasse mit 7 unterirdischen Haltestellen ist die 2. Straßenbahnachse keine U-Bahn sondern eine tiefergelegte Straßenbahn oder auch Unterflurstraßenbahn. Zwischen der Unteren Donaulände und der Lastenstraße ist auf dem rd. 2,7 km langen Abschnitt ein mittlerer Haltestellenabstand von 375 m geplant, der durchschnittliche Haltestellenabstand bei der Wiener U Bahn liegt mit 770 m beim Doppelten dieses Wertes, wodurch die Reisegeschwindigkeit und Berechtigung im Untergrund zu fahren steigt. Beim Haltestellenabstand wie bei einer U-Bahn wären 3-4 (der 7 geplanten) unterirdische Haltestellen einzusparen und damit inkl. Betriebskosten über 100 Mio Euro. Das ist das 40-fache der geplanten Verbreiterung der NIB für Radfahrer bzw. das rd. 300 fache des jährlichen Linzer Radverkehrsbudgets. Gemäß aktueller Verkehrserhebung ist die Zahl der Binnenwege in Linz im ÖV nicht einmal 3 x so groß wie die des Radverkehrs, bei den geplanten Investitionen ist das Verhältnis ÖV zu Rad rd. 100 zu 1, also sehr einseitig zugunsten des ÖV (dieses gilt bei Umsetzung des Westringes natürlich in gleichem Maße für den MIV). Bei der Verlagerung des Autoverkehrs auf den Umweltverbund muss die Stadt Linz den kostengünstigsten Weg gehen und daher ÖV und Rad in angemessenem Verhältnis parallel gefördert werden.
Was spricht (nach Meinung der Politik) gegen eine oberirdische Führung?
Primär der Autoverkehr in seinem derzeitigen Ausmaß. Mit einer Straßenbahn kann man bei gleichem Querschnitt mind. 10 x so viele Verkehrsteilnehmer befördern wie mit Pkws. Aus diesen Überlegungen muss der Straßenbahn klar der Vorzug bei der Nutzung der Straße an der Oberfläche gegeben werden. Der Autoverkehr hat kein Vorrecht zur alleinigen Nutzung dieser Fläche.
Chance der Neuorientierung der Stadt nur bei oberirdischer Führung!
Eine weitgehend unterirdische Trasse wäre bei Betrachtung des Straßenbahnbooms, der seit rd. 15 Jahren in Europa läuft, eine absolute Ausnahme, und noch dazu eine sehr teure. Mit der Wiedereinführung der Straßenbahnen in Europa ist oft auch eine städtebauliche Neuorientierung in den Städten einhergegangen, die Betonung einer nachhaltigen und menschenfreundlichen Nutzung der öffentlichen Flächen, die ständig präsente Straßenbahn ist dann ein wichtiger Teil dieses neuen Kurses. Ein Weg, der auch in Linz unbedingt genutzt werden sollte. Wenn die Straßenbahn im Untergrund verläuft, dann lässt man diese Chance aus und verstärkt den Charakter einer autozentrierten Stadt. Man hat noch immer alle Zeit und alle Möglichkeiten, bei der weitgehend oberirdischen Lösung das Maximum herauszuholen:
– Optimale Bevorrangung der Bim bei Kreuzungen und Ampeln
– Reduktion von Gefahrenstellen durch vorausschauende Planung
– Ausgiebige Information der Autofahrer, dass in der Gruberstraße in Zukunft nur mehr eine Fahrspur je Richtung vorhanden sein wird und die Straßenbahn in kurzem Intervall vorbeikommt.
– Generell muss man sich bei einem derart großen Projekt, dass starke Auswirkungen auf das Verkehrsgeschehen zumindest in diesem Bereich der Stadt haben wird, einige grundlegende Fragen stellen:
* Wie soll der städtische Verkehr in 20-30 Jahren abgewickelt werden?
* Wie soll sich der Modalsplit entwickeln?
Ist der Glaube und vor allem der Wille an die deutliche Verlagerung vom MIV zum ÖV (und zum Radverkehr) wirklich vorhanden?
* Glaubt man daran, dass man einen maßgebenden Teil des Verkehrs, der derzeit dort mit Autos fährt, auch auf die Straßenbahn verlagern kann?
Wenn ja, dann spricht alles für die oberirdische Lösung!
Solange es kein schlüssiges und beschlossenes Gesamtverkehrskonzept für den Großraum Linz und keine konkreten Umsetzungspläne für ein S-Bahn System im öo. Zentralraum gibt, macht es nicht viel Sinn, diesen Teil des Schienensystems im Detail zu planen.