Ein mittlerer Haltestellenabstand von 8 km – wie z.b. im Abschnitt Linz-Selzthal geplant – bzw. 17 Halte zwischen Linz und Graz ist kein Fernverkehr!
Grundsätzlich ist es positiv zu sehen, wenn man Ende nächstes Jahr – nach Inbetriebnahme der Koralmbahn – die Bahnstrecken im Zentrum von Österreich Zentrales Bahnnetz Ö (ZBÖ) (bzw. teilweise auch in Randbereichen) mit einem Mindestmaß an überregionalem Verkehr ausstattet.
Hier ist ab Dezember 2025 auf 6 verschiedenen Strecken (siehe http://www.inamo.at/wp/interregio-verkehr/), wovon 5 über Landesgrenzen gehen, mit Interregio-Zügen ein 2h-Takt vorgesehen. Außerdem soll hier – wenn auch schrittweise erst ab 2027 – modernes Wagenmaterial, barrierefrei, mit hoher Beschleunigung und mit Bar bzw. mobilem Bordservice eingesetzt werden.
Allerdinges orientiert man sich hier nicht an der Schnelligkeit der Railjets oder IC‘s sondern vor allem am Takt von Regionalexpresszügen (REX) und dementsprechend viele Halte sind bei diesen neuen (als Fernverkehr verkauften) Zügen vorgesehen.
Man kauft zwar deutlich besser beschleunigende Züge aber nutzt diese nicht zur Verkürzung der Fahrzeit und bleibt bei jeder 2. Haltestelle stehen um dann wieder gleich langsam (bzw. „mittelschnell“, wie es das Ministerium nennt) zu sein wie der Fernverkehr in den letzten 20 Jahren.
Nicht die nach wie vor zu lange und mit dem Auto nicht konkurrenzfähige bisherige Bahnreisezeit muss die Messlatte sein, sondern die Autofahrzeit auf den parallelen Straßen.
Die Autofahrer müssen ja (mit Ausnahme der Mautstellen) keine Mindestanzahl an Zwangsstopps machen, sondern können weitgehend durchfahren.
Es ist aber – um mit dem Pkw-Verkehr nur ansatzweise mithalten zu können – im Vergleich zu dem inzwischen erreichten Standard auf den anderen hochrangigen Bahnstrecken in Österreich auch auf diesen inneralpinen Strecken eine Kombination aus Verdichtung des Angebots und Beschleunigung der Züge und Strecken notwendig!
Bevor man die inneralpinen Bahnstrecken auf ein zeitgemäßes Niveau bringt, denkt man schon wieder an neue Prestigeprojekte
Im Gegensatz zu manch anderen Bahnverbindungen in Österreich sind in den Planungen für die inneralpinen Strecken derzeit keine Visionen für ein wirklich konkurrenzfähiges Bahnnetz sichtbar.
Hier kommt man nicht daran umhin, dass man das Gefühl hat, dass diese Gegend, in der immerhin rd. 15 % der Einwohner Österreichs leben, bahntechnisch zweitklassig behandelt wird.
Bevor man hier endlich nachzieht und diese Strecken aus dem Sub-Standard des 19. Jahrhunderts herausholt, gibt es schon wieder Gedanken für komplett neue, sündteure Strecken wie die Neue Innkreisbahn, die noch mehr als die Koralmbahn kosten könnte und nimmt sich heraus, über den Ausbau der bestehenden Innkreisbahn, was ungleich billiger wäre und v.a. dem lokalen (oö) Bahnverkehr einen Schub geben würde, nicht einmal nachzudenken.
Es bringt auch nichts, die Bedeutung dieser Verbindungen abseits von West- und Südstrecke klein zu reden (z.b. nur die Anzahl der Direktfahrer Linz – Graz anzuführen). Vielmehr sollten die bekannten Verkehrszahlen – genauso wie es die Asfinag macht – veröffentlicht werden und eine transparente Übersicht darüber gegeben werden, wie weit und in welchen Hauptrelationen die Fahrgäste auf diesen Bahnstrecken unterwegs sind und v.a. auch mit welchem noch möglichen Fahrgastpotenzial man hier rechnet, welches mit Verdichtung des Angebots und Beschleunigung der Strecken zu erreichen ist.
Eine wichtige Kennzahl für die Eingrenzung der Ausbaunotwendigkeit muss der Autoverkehr auf den parallelen Autobahnen bzw. Schnellstraßen sein. Selbst wenn man Linz – Graz mit 10 Zugpaaren pro Tag im (wirklichen) Fernverkehr bedient, ist das Verhältnis von Schnellzugsitzplätzen zum tatsächlichen Autoverkehr nur ein Viertel (!) des aktuellen Verhältniswertes auf der Weststrecke.
Alle 8 km stehen zu bleiben ist nicht Fernverkehr, auch wenn man es so bezeichnet!
Wie weit kann man mit dem Haltestellenabstand noch nach unten gehen, um derartige Zugverbindungen noch als Fernverkehr zu bezeichnen?
Das muss man sich fragen, wenn man das geplante Interregio-Konzept anschaut.
Einfach die REX-Trassen übernehmen, deutlich zu oft stehen zu bleiben und das Ganze mit einem neuen Namen („Interregio“) als Fernverkehr zu bezeichnen, ist ein bisschen eine billige Methode.
Fernverkehr sollte bei einem mittleren Haltestellenabstand von 25 – 30 km beginnen und nicht – wie im Interregio-Konzept vorgesehen – mit 10 bis 15 km – oder wie im Abschnitt Linz-Selzthal (bzw. auch beim IR „Pinzgau“) vorgesehen bei nur 8 km. http://www.inamo.at/wp/interregio-verkehr/#hstabstand
Die Durchschnittsgeschwindigkeiten sollten hier bei 80-100 km/h liegen und nicht nur bei 60-80 km/h. siehe auch Vergleich der Geschwindigkeiten
Das Ziel auf der Pyhrn -Schober-Achse muss in jedem Fall sein, aufbauend auf dem schon vor 30 Jahren vorhandenen Angebot mindestens einen 2 h Takt an schnellen Fernverkehrsverbindungen anzubieten, die deutlich unter 3 Stunden zwischen Linz und Graz unterwegs sind. Bei 5 Stopps gegenüber 17 geplanten Stopps bei den IR-Zügen zwischen Linz und Graz wären ja schon rd. 30 min eingespart.
Also nicht 8 REX-Verbindungen pro Tag zwischen Linz und Graz, ergänzt um 4 schnelle Züge, sondern eher umgekehrt bzw. am besten jede Stunde abwechselnd einen wirklichen Schnellzug und einen Interregio-Zug.
Im Hinblick auf die gar noch gar nicht absehbare Megaaufgabe zum Umbau des Verkehrssystems auf ein viel niedrigeres und damit klimaverträglicheres Energieniveau muss es auch in diesem Bereich von Österreich ein viel ambitionierteres und v.a. mit dem Autoverkehr konkurrenzfähiges Bahnangebot geben.